14.12.2022
Mandanteninformation
Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz hat den Bundestag passiert
Um was geht es?
Der Bundestag hat am 16. Dezember 2022 das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet.
Juristische Personen des privaten und öffentlichen Sektors werden nach Inkrafttreten des Gesetzes verpflichtet, sichere und zuverlässige Kanäle für die Meldung von Verstößen einzurichten. Hinweisgebern soll ermöglicht werden, Verstöße ohne Furcht vor Repressalien zu melden. EU-weit sollen dadurch Mindeststandards zum Schutz von Whistleblowern geschaffen werden.
Wann tritt das Hinweisgeberschutzgesetz voraussichtlich in Kraft?
Nun muss nur noch der Bundesrat zustimmen. Es ist damit zu rechnen, dass das Gesetz im ersten Quartal 2023 in Kraft tritt. Ab diesem Zeitpunkt haben Beschäftigungsgeber mit 250 oder mehr Beschäftigten drei Monate Zeit, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen. Für Unternehmen mit 50-249 Beschäftigten gilt eine längere Umsetzungsfrist bis zum 17.12.2023.
Welche Maßnahmen müssen Unternehmen ergreifen?
Neben einer externen Meldestelle, die beim Bundesamt für Justiz eingerichtet wird, sind
Unternehmen ab 50 Beschäftigten verpflichtet, nach Inkrafttreten des Gesetzes interne Meldestellen einzurichten. Ausnahmen gelten für z.B. Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kapitalverwaltungsgesellschaften. Hier muss unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter eine interne Meldestelle eingerichtet werden. Mehrere private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten können für die Entgegennahme von Meldungen und für die weiteren nach diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen eine gemeinsame interne Meldestelle einrichten und betreiben.
Wie kann eine interne Meldestelle aussehen und was muss sie tun?
Eine interne Meldestelle kann eingerichtet werden, indem eine bei dem jeweiligen Beschäftigungsgeber beschäftigte Person, eine aus mehreren beschäftigten Personen bestehende Arbeitseinheit oder eben auch ein Dritter / Außenstehender mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betraut wird.
Die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig. Sie dürfen neben ihrer Tätigkeit für die interne Meldestelle andere Aufgaben und Pflichten wahrnehmen. Es ist dabei aber in jedem Fall sicherzustellen, dass derartige Aufgaben und Pflichten nicht zu Interessenkonflikten führen. Beschäftigungsgeber müssen zudem dafür Sorge tragen, dass die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle beauftragten Personen über die notwendige Fachkunde verfügen. Das bedeutet auch, dass die Meldestelle ein Fristenmanagement, sowie ein Löschkonzept vorsehen muss und – sofern ein Mitarbeiter die Meldestelle betreut – dieser entsprechend geschult ist, um alle compliance-rechtlichen Standards einzuhalten.
Interne Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher Form (z.B. per Telefon) oder in Textform ermöglichen. Auf Verlangen der hinweisgebenden Person ist innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit einer für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Person der internen Meldestelle zu ermöglichen.
Der Gesetzesentwurf sieht zudem vor, dass die Meldekanäle so gestaltet werden müssen, dass die Abgabe anonymer Meldungen und eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Meldestelle möglich ist. Diese Pflicht soll allerdings erst ab dem 01.01.2025 gelten. Tipp: Unternehmen ist es grundsätzlich aber auch schon zuvor zu empfehlen, anonymen Hinweisen nachzugehen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Meldung stattdessen an externe Dritte weitergegeben wird und so an die Öffentlichkeit gelangt.
Ferner können Hinweisgeber zwar frei entscheiden, ob sie Meldungen über die externe oder interne Meldestelle abgeben möchten. Der Beschäftigungsgeber soll aber „Anreize“ schaffen, dass sich hinweisgebende Personen zuerst bei der internen Meldestelle melden.
Nach einer Meldung muss die Meldestelle Folgemaßnahmen ergreifen. Dazu gehört z.B. das Initiieren von internen Untersuchungen.
Was passiert, wenn das Unternehmen nicht reagiert?
Sollten die Hinweise eines Hinweisgebers an die interne Meldestelle ohne Rückmeldung bleiben oder sollte der Hinweisgeber einen hinreichenden Grund für eine „Gefährdung des öffentlichen Interesses“ sehen, fallen Hinweisgeber beim Gang an die Öffentlichkeit ebenfalls unter den Schutz des Hinweisgebergesetzes.
Ferner wird es zu Lasten der Unternehmen als Ordnungswidrigkeit behandelt, wenn keine interne Meldestelle eingerichtet wird oder wenn die Kommunikation zwischen Meldestelle und hinweisgebender Person erschwert wird. Dies alles kann Bußgelder in Höhe von bis zu EUR 100.000.00 gegen das Unternehmen zur Folge haben.
Wie muss das Unternehmen mit dem Hinweisgeber umgehen?
Der Hinweisgeber muss geschützt werden. Dies bedeutet vor allen Dingen, dass zu Gunsten des Hinweisgebers bei einer Benachteiligung im beruflichen Kontext davon ausgegangen wird, dass es sich um eine „Repressalie“ handelt (Beweislastumkehr). Eine Repressalie kann dann z.B. eine Kündigung oder auch das Versagen einer Beförderung sein. Repressalien gegen Hinweisgeber können Bußgeldansprüche in Höhe von bis zu EUR 100.000,00 auslösen. Zudem können hinweisgebende Personen auch noch darüber hinaus einen Entschädigungsanspruch haben, wenn sie durch verbotene Repressalien einen Schaden erleiden, der nicht Vermögenschaden ist.
Welche Folgen haben falsche Hinweise?
Hinweisgeber sollen für den Schaden aufkommen, der durch vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen zustande kommt. Dies dürfte im Ergebnis schwierig bis gar nicht durchsetzbar sein.
Wie ist das mit dem Datenschutz?
Große Beachtung wird man auch dem Datenschutz schenken müssen. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die Dokumentation der Meldung erst zwei Jahre nach Abschluss des Verfahrens gelöscht wird. In der Zwischenzeit müssen zwingend Maßnahmen ergriffen werden, die Dokumentation vertraulich zu behandeln, in dem z.B. die Mitarbeiter der internen Meldestelle umfassend geschult werden.
Muss der Betriebsrat beteiligt werden?
Beachtet werden muss, dass bei der Einführung von Hinweisgebersystemen Beteiligungsrechte des Betriebsrats ausgelöst werden. Zunächst haben Betriebsräte ein Recht auf Unterrichtung vor der geplanten Einrichtung eines Hinweisgeberschutzsystems. Sofern das Unternehmen dann über die Vorgaben des Gesetzes hinausgeht – was auf Grund des weiten Spielraums des Gesetzes regelmäßig der Fall sein wird – hat der Betriebsrat bei der näheren Ausgestaltung ein Mitbestimmungsrecht, da Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb betroffen sind. Wenn die Ausgestaltung des internen Hinweisgebersystems mit dem Einsatz von technischen Einrichtungen, die objektiv geeignet sind, Leistung und Verhalten von Beschäftigten zu kontrollieren, verbunden ist, hat der Betriebsrat ergänzend ein weiteres Mitbestimmungsrecht (technische Überwachungseinrichtung). Weitere Rechte des Betriebsrats können sich ergeben, wenn Mitarbeiter versetzt werden, um die interne Meldestelle zu betreuen oder eben für diese Meldestelle neue Mitarbeiter eingestellt werden sollen. Ebenso, wenn Mitarbeiter für die internen Meldestellen geschult werden.
Fazit
- Es muss eine Meldestelle implementiert werden;
- sofern die Meldestelle nicht durch Außenstehende betrieben wird, müssen Mitarbeiter hierfür geschult werden, so dass sie die nötige Fachkunde besitzen;
- es muss sichergestellt werden, dass bei Verdacht Folgemaßnahmen / interne Ermittlungen unter Berücksichtigung arbeitsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Grundsätze erfolgen.