Ein Pilot erhält ein höheres Gehalt, je mehr er fliegt.
Neben dem Grundgehalt bestimmt der Tarifvertrag nämlich eine Art „Bonus“, wenn der Pilot einen bestimmten Schwellenwert an monatlichen Stunden überschreitet („Mehrflugdienststundenvergütung“). Diese so genannte „Auslösegrenze“, die überschritten werden muss, ist für Arbeitnehmer in Vollzeit und Teilzeit gleich hoch.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 11. November 2020, Az: 10 AZR 185/20) legte den Sachverhalt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit der Frage vor, ob diese Gleichbehandlung in Wirklichkeit eine Schlechterstellung der Arbeitnehmer in Teilzeit sei und wenn ja, ob diese Ungleichbehandlung durch die besondere Arbeitsbelastung in einer Vollzeitposition gerechtfertigt sei.
Der EuGH hat die Frage dahingehend beantwortet, dass eine solche nationale Regelung teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer diskriminiere, es sei denn, diese Behandlung werde durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, wobei alleine die besondere Arbeitsbelastung im Rahmen einer Vollzeittätigkeit als solche nicht überzeugend sei (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19. Oktober 2023 in der Rechtssache C-660/20).
Das Bundesarbeitsgericht muss jetzt in der Sache entscheiden, wobei es die Entscheidungsgründe des EuGH berücksichtigen muss. Diese Entscheidung wird nicht nur Folgen für die Airline-Branche haben, sondern sich in vielen anderen Branchen (z.B. Kanzleien) auswirken.
Die Entscheidung des EuGH an sich ist jedoch kritisch zu sehen. Zum einen stellt sich schon die Frage, ob es sich bei den Mehrflugstundenzuschlägen überhaupt um Vergütung handelt, die anteilig auch von Teilzeitarbeitnehmern gefordert werden kann oder nicht doch eher um einen Zuschlag, der eine besondere Arbeitsbelastung ausgleichen soll. Zudem widerspricht die Auslegung des EuGH dem Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung. Ziel der Regelung ist es, die Belastung der Arbeitnehmer zu senken, in dem die jeweilige Flugstunde für den Arbeitgeber teurer wird. Dabei handelt es sich um ein legitimes Ziel, dass eine Ungleichbehandlung von Vollzeit – und Teilzeitarbeitnehmern rechtfertigt.